Die erste Nacht am Genfer See

Wie Feuer

Anreise Genfer See – Valencia – Tarifa

Unsere Anreise verläuft echt gut, wir knallen die 2300 km an zweieinhalb Tagen durch. Anfangs in der Schweiz haben wir nur Regen. Die erste Nacht bleiben wir am Genfer See. Aus Sicherheitsgründen wollen wir nicht wild in Frankreich stehen, da wir viele Geschichten von Überfällen auf Camper gehört haben. Also fahren wir am zweiten Tag durch Frankreich durch und feiern eine kleine Party, als wir die Grenze zu Spanien überqueren. Unser Ziel für diesen Tag ist Valencia. Das schaffen wir auch. Es ist ein wenig anstrengend, aber unsere Stimmung ist wirklich gut. 

Blick auf Afrika am Mirador de Tarifa

Kurz vor Barcelona auf der Autovía del Mediterraneo überholt uns ein spanischer Wagen und der Fahrer macht wilde Handzeichen. Da wir eine Dachbox auf dem Dach haben, vermuten wir, dass damit was nicht stimmt. Also halten wir auf dem Seitenstreifen an. Ich steige aus, der Spanier hält vor uns ebenfalls an und steigt aus. Er spricht ein bisschen deutsch und erzählt mir, dass er »etwas, wie Feuer« am Hinterreifen gesehen hätte. Wir schauen uns das an. Der Spanier, ich, und Alex, mein Freund. Ein fataler Fehler, wie sich herausstellt.

Der Spanier gibt uns noch Tipps, was wir nun tun können. Alex ist sehr skeptisch. Beim Weggehen rufe ich dem Mann auf spanisch ein »Muchas Gracias, amigo« zu. Er dreht sich um und ich wundere mich über seine merkwürdige Reaktion und Körpersprache. Zwei Stunden später weiß ich warum. Er hat beim Weggehen meine Bauchtasche vom Beifahrersitz geklaut.

Ja, ich kenne solche Geschichten, Ja, ich bin sonst immer vorsichtig. Ja, ich habe sonst nie alles zusammen in einer Tasche, also Kredit- und Debikarten, Ausweis, KFZ-Papiere, Führerschein etc. Ja, ich bin naiv gewesen. Und ja, es ist alles weg, mir ist alles geklaut worden. Aber der Typ hat uns eiskalt erwischt. Ich würde sagen, ich habe Lehrgeld bezahlt.

Immer wieder Sundowner

Anfangs kann ich es nicht glauben, dass er wirklich meine Tasche geklaut hat. Eigentlich kam es mir so vor, als hätte ich den Typen nicht aus den Augen gelassen.

Auf der weitere Strecke an diesem Tag bin ich lange noch geschockt. Abends in Valencia parken wir am Strand und gehen essen. Ich bin nach wie vor beeindruckt von der Dreistigkeit des Diebes, wünsche ihm Schrumpf-Eier und Erektionsprobleme.

Beim Essen komme ich dann runter, kann aber Bo auf dem Parkplatz nicht wirklich aus den Augen lassen. Wir trösten uns damit, dass ich recht wenig Bargeld in der Tasche hatte und dass es wirklich schlimmer hätte sein können, nämlich, dass der Typ uns das Auto geklaut hätte.

Ich besitze immerhin noch meinen Reisepass, mein Handy und den Computer. Meine Karten lasse ich alle sperren und fühle mich nach zwei, drei Tagen ohne Bargeld, Karten und die Möglichkeit zu bezahlen irgendwie frei. Ich muss, wenn wir ausgehen immer nur mein Handy mitnehmen. Auch mal schön.

Ohne Worte 😉

Die weitere Anreise gestaltet sich – Gott sei Dank – problemlos. Wir sind freitags am späten Nachmittag losgefahren und kommen Sonntag abends in Tarifa an.

Da wir die Wohnung erst ab Montag gemietet haben, verbringen wir die erste nach auf dem Campingplatz Río Jara, auf dem wir letztes Jahr wochenlang waren. Es fühlt sich alles sehr selbstverständlich an. Wir begrüßen die Rezeptionistin und den Hauswart mit herzlichen Umarmungen und abends in der Bar haben wir wieder mal interessante Begegnungen.

Alles geht so weiter, als wären wir gar nicht weg gewesen, als wäre nicht bereits ein Jahr vergangen, seit unserer Abreise, als hätte das letzte Jahr nicht stattgefunden. Ich finde das sehr interessant und fühle mich sauwohl. Dennoch bin ich froh, dass wir unsere Wohnung beziehen. Es ist einfach mal etwas anderes. Die Zeit im letzten Jahr hier ist vergangen und ich merke, dass mir quasi eine Art Wiederholung einfach nicht gefallen würde. Ich würde zu viel vergleichen und mich vielleicht auch ein wenig langweilen. Es ist gut wie es ist, neues Jahr, neues Spiel.

Faro de Tarifa, der südlichste Punkt Europas

In unserer ersten Woche in Tarifa sind wir recht aktiv. Wir fahren zur Wanderdüne nach Punta Paloma und nach Caños de Meca und schauen uns in Tarifa mehrfach den Sonnenuntergang bei einen Drink in einer der unzähligen Bars an. An einem Abend treffe ich einen Typen wieder, mit dem ich im letzen Jahr einige Zeit im Chiringuito Agua verbracht habe. Auch mit ihm ist das Gespräch so, als wäre ich nicht ein Jahr lang weg gewesen.

Wir lernen am St. Paddys Day einen völlig irren Iren kennen, der seit Jahren hier wohnt. Wir besichtigen die Insel vor Tarifa und sind dort am südlichsten Punkt in Europa und wir schauen uns eine Tanzveranstaltungen im Theater an. Dort sind wir gefühlt die einzigen Ausländer.

Und wie kann es anders sein, schon nach den ersten paar Tagen schleicht es sich wieder ein, mein eines, altbekanntes Gefühl. Es ist anfangs ganz zögerlich, so als würde es mal höflich an die Tür klopfen. An einem Mittag am Anfang der ersten Woche schnappe ich mir die Autoschlüssel und hole Alex an der Sprachschule ab und dann ist mein Gefühl ganz klar zu einem Gedanken und zu dieser einen Frage geworden: Warum wohne ich nicht hier?

Dieses Mal ging es damit sehr, sehr schnell. Ohne große Anlaufzeit, wie bei allem im Moment hier ;-))