Altstadt von Tarifa
Alte Bekannte
Frei & mehr bei sich
Nach fast drei Wochen hier bin ich mehr als angekommen. Wir haben viele »alte« Bekannte getroffen und neue nette Leute kennengelernt. Letztlich ist Tarifa ein Dorf, man kennt sich schnell und trifft immer wieder die Selben an den gleichen Orten.
Das Wetter ist grandios. Jeden Tag scheint die Sonne von morgens bis abends. Der Wind wechselt. Es gibt Sturm und Flaute. Poniente und jede Menge Levante.
Kleine Bouldersession bei Bolonia
An einem Samstag ist es ausnahmsweise den ganzen Tag nebelig. Wind hat es kaum. Also fahren wir zum Playa Arte Vida zum Wellenreiten.
Ich versuche es ein paar mal, muss aber feststellen, dass ich kaum ins Meer komme weil die Wellen eine solche Kraft haben und mir einfach die Technik fehlt.
Am Strand beobachte ich zwei Surf Klassen. Irgendwann gehe ich zu dem einem Lehrer und frage ihn auf Spanisch ob er die Person ist, die mir helfen kann, Surfen zu lernen. Nett ist er, heißt auch Alex und gibt mir seine Telefonnummer. Wir verabreden uns für Montag morgen zur Privatstunde am Campo de Fútbol in Tarifa.
Punta Paloma – ich liebe es einfach
Neben einer wirklich intensiven Privatsession erzählen wir uns natürlich auch, was wir machen und wer wir sind.
Er kommt aus Argentinien, ist der gleiche Jahrgang wie ich und hat eine Freundin hier in Tarifa. Ich erzähle ihm von meinem Tarifa Erlebnis im letzten Jahr und, dass ich gerne hier wohnen würde.
Als ich ihm noch von Alex und mir erzähle freut er sich mega und wir geben uns einen Check. Er meint, dass Menschen, die sich hier kennenlernen besonders intensive Beziehungen und Freundschaften entwickeln, weil wir hier alle mehr bei uns sind, freier, offener, mehr wir selber. Wie recht er hat. Ich bin hier wirklich ich.
Das super leichte Leben vom letzten Jahr hat mich wieder völlig gepackt. Ich brauche weniger von allem. Meer, Sonne, Wind und liebe Menschen reichen aus. Ab und an mal essen oder ein Bier trinken gehen, einer Live Band zuhören oder den Sonnenuntergang feiern, bouldern, wandern oder einfach nur am Strand sitzen. Perfekt. Den Tag und das Leben so annehmen, wie sie sind.
Wochenendauftakt: Tapas und Cerveza in der Markthalle
In unserer Wohnung merke ich ebenfalls, dass ich nicht viel brauche. Viele persönliche Dinge, die ich zu Hause besitze verlieren mehr und mehr an Bedeutung für mich. Letztlich zählt vielleicht die Erinnerung an Dinge, die ich schon lange mit mir rumschleppe. Vielleicht müssen wir sie gar nicht unbedingt weiter besitzen.
Da sind z.B. zwei Puppen aus Kindertagen, Fotos, Briefe, Bücher, Steine und Muscheln von irgendwelchen Stränden, Klamotten, die ich auf Reisen gekauft habe, aber nicht mehr trage, das Geschirr und Besteck meiner Oma, Babysachen meiner Jungs, Weihnachts- und Osterdeko, Schmuck, und und und … Was davon brauche ich wirklich? Warum besitze ich so unglaublich viele Sachen?
Mir kommt es immer weniger drauf an, etwas zu besitzen. Ich weiß, dass ich im letzten Jahr ganz ähnliche Überlegungen hier mit dir geteilt habe. Und ich komme offensichtlich immer wieder an diesen Punkt, dass für mich weniger einfach viel mehr ist, dass es wichtiger ist, das Leben zu fühlen statt Dinge zu besitzen, zu sammeln oder zu kaufen.
Da kann ich dann doch nicht wiederstehen!
Da ich in den ersten eineinhalb Wochen nicht richtig die Möglichkeit habe mir etwas zu kaufen (du erinnerst dich, mir ist alles geklaut worden), kaufe ich natürlich auch nichts.
Erst als mein Sohn mir die Nummer meiner neuen Kreditkarte durchgibt, kaufe ich ein Kleid und einen Schlüsselanhänger. Danach reicht es mir mit Konsum. Ich liebäugle noch mit einem Shirt vom Surla, dem coolen Café nebenan. Ein Kumpel aus Köln hat mich auf die Idee gebracht. Ich hätte gerne ein Shirt, wo Tarifa drauf steht. Aber es drängt mich so gar nicht, es zu kaufen. Viellicht lasse ich es auch. Wozu auch? Ich habe ja eigentlich genug Shirts und dieses eine wird meine Leben nicht besser machen.
Kleiner Nachtrag: Eine paar Tage später kaufe ich dann doch noch etwas, ein neues Portemonnaie und freue mich unglaublich darüber. Nach drei Wochen habe ich wieder ein Portemonnaie und fühle mich super damit. Wie einfach manche Dinge sein können!
Chiringuito Agua – love it
An einem Donnerstag hat mein Lieblings Chiringuito Opening. Wir fahren hin, parken, steigen aus, lassen die Hunde frei laufen mit dem Kommentar zu meinem Sohn: »Die sind hier zu Hause und brauchen keine Leine.« Als ich zur Bar gehe grinse ich übers ganze Gesicht. Ja, es ist wie nach Hause kommen. Ich fühle mich einfach nur wohl und will nie wieder weg. Chillige Musik, ein Bier und der Blick auf den Sonnenuntergang bringen mich einfach runter. Zu mir. Ganz zu mir, denn ich bin ja in Tarifa, hier passiert das anscheinend ständig und nicht nur mir 😉