Almhütte bei Hohenems

Perspektivwechsel

Vorarlberg 

Dieses mal bin ich mit dem Zug unterwegs. Ohne Bo und ohne die Hunde. Ich fahre nach Hohenems in der Nähe des Bodensees in Vorarlberg, Österreich. Dort komme ich bei meinem Buddy aus Tarifa unter.

Ursprünglich wollen wir gemeinsam Skifahren gehen, aber das Wetter macht nicht mit. Es ist zu gut, einfach zu warm. 😉 

Aussicht Via Kessi

Es ist Anfang November und es sind bis zu 24 Grad. Wir genießen das tolle Wetter und freuen uns, über die Sonne und die Möglichkeit im T-Shirt unterwegs zu sein. Dennoch hat dies einen bitteren Beigeschmack, weil solche Temperaturen für diese Jahreszeit gewiß nicht normal sind. Statt Skifahren gehen wir klettern.

Ich mache meinen ersten Klettersteig im Schwierigkeitsgrad C/D. Anfangs muss ich mich an die »Technik« gewöhnen, will heißen ich muss das Umhängen üben. Meist vergesse ich es und muss wieder ein bisschen abklettern und umhängen, um die Karabiner am Drahtseil weiter mitführen zu können. Die Aussicht ist bei diesem ersten Klettersteig atemberaubend. Wir haben einen tollen Blick über das Rheintal bis zum Bodensee.

Klettersteig im Montafon

Meinen zweiten Klettersteig mache ich dann direkt ein paar Tage später. Bei St. Anton im Montafon steigen wir anfangs an einem Wasserfall hoch und queren später eine Schlucht über eine Seilbrücke. Dieser Teil macht mir am meisten Spaß.

Am Abend geht’s in die Therme. Nach einem der Saunagänge chillen wir auf zwei Liegen am Naturteich mit Blick auf die Schweizer Alpen. Die Sonne geht langsam über den Bergen unter und ich kann es kaum fassen, was ich hier gerade erlebe und wie irre schön es hier ist.

Bier-Pause am Bodensee

Wenn wir nicht am Fels unterwegs sind, gehen wir wandern oder in eine der Kletter- oder Boulderhallen vor Ort.

Die Kletterhalle in Dornbirn ist eher für Alpenbewohner gedacht. Als Nordeuropäerin finde ich die Routen ganz schön knackig und komme mir vor wie eine Anfängerin. Spaß habe ich natürlich trotzdem.

Dieses süße Stück Land zwischen den Bergen, was sich quasi zusammen mit dem Rhein in den Bodensee ergießt, gefällt mir super gut. Ich lerne viele nette Menschen kennen und mein Trip der Leichtigkeit geht einfach weiter, wie schon das ganze Jahr.

Blick auf den Bodensee

Besonders mag ich den Dialekt der Menschen hier. Als halbe »Hotzenwäldern« verstehe ich das hiesige Alemannisch ganz gut. Nach drei Gläsern Wein antworte ich sogar im Dialekt.

Wieder zu Hause hallt mir der Slang noch lange nach und ich erwische mich dabei, dass ich mit den Hunden Alemannisch rede. Dabei kommen so hübsche Sätze zu Stande wie: »Na, willscht laufe?«, »Bischt a feiner Hond.«, »Willscht fresse?« Meine Kinder schauen mich dabei immer etwas irritiert an. Hej, was soll’s, irre lebt es sich leichter ;-))

Aha … so, so!

Im heimischen Klettergarten habe ich dann ein Aha-Erlebnis: ich empfinde die Höhe nicht mehr und gehe die Felsen hoch, als wäre es nichts. Mein Respekt vor der vermeintlichen Höhe hier ist gänzlich verschwunden.

Ähnlich ging es mir schon nach dem Schweiz-Trip. Und nun scheint es sich manifestiert zu haben. Offensichtlich habe ich mich bewegt und dadurch weiterentwickelt, indem ich höher geklettert bin als jemals zuvor. Ich habe die Perspektive gewechselt. Was mir vorher als hoch und manchmal fast nicht machbar erschien, ist für mich nun normal oder sogar eher durchschnittlich geworden. Die Höhe fordert mich hier nicht mehr.

Wie heißt es doch so schön: man wächst mit seinen Aufgaben. Ja, ich bin gewachsen in diesem Jahr. Ich war viel in Bewegung – physisch wie mental – und habe dadurch meine Sicht auf die Dinge und das Leben in vielen Bereichen verändert. Meine Perspektive ist nach diesem Jahr einfach eine andere geworden. Ich hoffe, dass es so im nächsten Jahr weiter geht. Stehen bleiben mag ich nämlich nicht.