Enamorado

Baskenland

Anfangs tue ich mich schwer mit dem Baskenland. Zumaia war ja ganz hübsch, aber meine Fahrt von dort aus weiter, läßt mich an meiner Idee hierher zu fahren arg zweifeln. Ich möchte zu einem schönen Strand, dem Playa Larga. Das sind von Zumaia aus ca. ein Stunde Fahrt, danach möchte ich weiter nach Bilbao, eine weitere Stunde Fahrt. Der direkte Weg nach Bilbao würde mich über die Autobahn führen und auch nur eine Stunde dauern. Um ein bisschen etwas von der Landschaf zu sehen, entscheide ich mich für den Weg an der Küste entlang. Zu Beginn ist diese Strecke auch wirklich sehenswert. Die Orte, die ich passiere, haben zwar wenig Charme und sehen eher quadratisch, praktisch, gut aus, dennoch habe ein paar Aussichten auf schöne Strände und begegne einigen skurrilen Begebenheit. So steht an einer Fußgängerampel – mitten zwischen einigen Hochhäusern – in einem dieser Städtchen ein Mann barfuß im Neoprenanzug sowie einem Surfbrett unterm Arm und wartest auf Grün. Seine Freundin neben ihm, ist super adrett gekleidet, was die Situation noch merkwürdiger aussehen läßt. 

Meine Strecke führt irgendwann leider nicht mehr genau an der Küste entlang, sondern über holprige, schmale und kurvenreiche Straßen. Ab und an blitzt ein Blick aufs Meer auf, aber die meiste Zeit fahre ich durch Nadelwälder. Mir kommt es so vor, als wäre ich im Schwarzwald gelandet. Eigentlich fahre ich ja sehr gerne Auto, aber hier macht es mir absolut keinen Spaß und ich entscheide mich spontan um und suche in einer Haltebucht bei Google Maps nach dem besten Weg direkt nach Bilbao. Ich will nicht mehr zu diesem Strand, weil Straße und Landschaft mir einfach nicht gefallen. Nebenbei schmiede ich schon Pläne, was ich statt des Nordens sonst bereisen kann.

Barrika – sehr beliebt zum Sundowner

Nach dem Sonnenuntergang leert es sich

Morgens bin ich fast alleine

Bilbao

In Bilbao bin ich mit Elmar verabredet. Er wohnt seit 25 Jahren in Spanien und davon die meiste Zeit in Bilbao. Früher, so circa vor 40 Jahren und mehr, haben wir uns öfter gesehen und unsere Familien haben einige Urlaube miteinander verbracht, da er der Sohn von damaligen Freunden meiner Eltern ist. Wir waren zum Beispiel zusammen in Hossegore.

Heute treffen wir uns in einer Bar in Barrika, einem Vorort von Bilbao. Ich schaue mir vorab noch an der Klippe mit sehr vielen anderen Menschen den Sonnenuntergang an. Es herrscht ausgelassene Picknick-Stimmung. Ich komme mit ein paar Spaniern und einem argentinischem Paar ins Gespräch. Der Parkplatz hier ist unglaublich voll, aber nach Sonnenuntergang fahren alle wieder weg und ich parke kurzentschlossen um, um hier die Nacht neben ein paar anderen Vans zu verbringen, offensichtlich alles Surfer, denn hier gibt es einen fantastischen Strand mit hübschen Wellen.

Tapasbar Plaza Nueva, Bilbao

Atmosphäre einatmen 😉

Hübsch versteckt: das Guggenheim Museum

Elmar ist super sympathisch. Obwohl wir uns ewig nicht gesehen haben und eigentlich wenig voneinander wissen, fühle ich mich die ganze Zeit richtig sehr in seiner Gegenwart. Wir verbringen den Samstag Abend, den halben Sonntag dann in Bilbao und den Montag Vormittag miteinander. Am Montag machen wir Home Office zusammen bei ihm in der Wohnung und ich darf mal seine Dusche benutzen, was ziemlich nötig ist, nach zwei Nächten auf dem Parkplatz in Barrika. Unsere Gespräche über unsere Familien, das Leben, Trennungen, unsere Kinder aber auch über Filme oder die Serien und Comics aus unsere Kindheit sind sehr angenehm. Es fühlt sich für mich alles unglaublich vertraut an und das finde ich echt erstaunlich, da wir uns ja wirklich nur aus unserer Kindheit kennen und eben diese 40 Jahre lang nicht gesehen haben!!

Was genau ist das, was da passiert in solchen Situationen? Ist man so vertraut miteinander weil man sich von früher kennt? Ich denke an mein Klassentreffen im letzten Dezember zurück und die daraus entstandenen Wieder-Freundschaften. Auch da ist es so, dass ich mich meistens sehr wohl im Kontakt und in der Gegenwart meiner Freunde von früher fühle. Ist eine solche Verbindung so stark, dass man sie nicht verlieren kann? Ich weiß es nicht. Und ich glaube es auch nicht so ganz. Ich denke, es gibt einfach Menschen zu denen kannst du dein Leben lang eine enge Verbindung haben, egal wie lange du sie nicht gesehen hast. Man ist einfach auf einer Wellenlänge.

Bilbao ist für mich, obwohl ich ja nur kurz hier bin, ein echtes Highlight. Die Stadt ist überwältigend schön. Ich mag die Architektur, die Menschen sind sehr offen und freundlich – kurz: ich lasse mich hier einfach treiben, schlendere durch die Straßen und atme die Atmosphäre ein. Eines steht fest: ich komme wieder und schaue mir alles nochmals ganz genau an. 😉

Asturien

Nach Frühstück und Home Office mit Elmar, fahre ich von Bilbao aus weiter nach Llanes. Die Fahrt durch Kantabrien und später Asturien ist atemberaubend schön! Langsam fange ich an, Feuer und Flamme für den Norden Spaniens zu sein! In Llanes komme ich auf dem aussergewöhnlich gelegenen Camping-Platz La Paz unter. Er ist terrassenförmig oberhalb von zwei Buchten angelegt. Die Zufahrt ist ziemlich steil und Bo muss ganz schon arbeiten, um hoch zu kommen. Ich verbringe hier zwei Nächte. 

Blick vom Camping La Paz in die eine Bucht

Pause am Strand während meiner Wanderung

Blick von der Campingplatz-Bar

Am Zweiten Tag mache ich eine kleine Wanderung an der Küste entlang und gehe den Camino del Norte einfach falsch herum, also von Santiago de Compostela weg. Unterwegs treffe ich einen alten spanischen Herrn wie aus dem Bilderbuch. Elegant gekleidet mit einem Strohhut auf dem Kopf und einen Gehstock aus Holz in der Hand. Wir kommen ins Gespräch und er lädt mich in seinen Garten ein, um kleine pelzige Pfirsiche zu pflücken. Dann gibt er mir noch Tipps für weitere Wanderungen und erzählt mir, dass er gerne mit den Leuten und vor allem den Pilgern redet, die an seinem Haus vorbei kommen. In seiner Garage erklärt er mir anhand eines Wandgemäldes der Umgebung den weiteren Wanderweg bis zu einer Höhle am Strand, die ich aber jetzt nicht besichtigen kann weil Flut ist. Diesen Weg finde ich dann auch tatsächlich weil seine Beschreibung so unglaublich plastisch gewesen ist.

Muchas gracias por las frutas

Im nächsten Ort mache ich kurz an einer Herberge mit einem kleinen Lebensmittelgeschäft nebenan Halt. Hier gönne ich mir ein Bocadillo mit rohem Schinken und schnuppere kurz das Camino-Flair. Die Pilger sind ausgelassen und glücklich.

Abends zurück auf dem Campingplatz gibt es zum Sundowner in der Bar mit Blick auf die Klippen noch ein Bier. Ich falle super glücklich und erschöpft ins Bett und schlafe schon wieder durch zum Geräusch der Wellen.

Der Fischerort Cudillero

Playa del Silencio …

… einfach wow!

Weiter geht es für mich nach Cudillero, einem Fischerort, der zu den schönsten Orten Spaniens gehören soll. Er ist wirklich sehr süß. Aber es ist mir ein wenig zu touristisch. Ich esse im Hafen einen Burger (im Fischerort – Glückwunsch!!) und trinke ein Bier, da sie nur eine Größe haben an Gläsern, ist es ein großes Bier. Danach schlendere ich ein wenig weiter und breche dann auf zum Playa del Silencio, wo ich übernachten möchte.

Der Strand ist einfach unbeschreiblich schön. Es ist ein Kieselstrand mit recht großen Steinen umrahmt von Klippen. Es ragen einige Felsformationen davor aus dem Wasser. Das Geräusch, welches die kleinen Wellen machen, wenn sie sich über die runden Steine wieder zurückziehen, wirkt auf mich total entspannend. Dennoch muss ich irgendwann weiterziehen, da ich hier doch nicht übernachten will, weil es mir zu abgelegen ist.

Karl el Silencio

So lande ich im Landesinneren in einem kleinen Ort auf einem Camper-Stellplatz. Neben mir wohnt eine Französin mit Hund. Ich bin hier nur, weil es hier einen Supermarkt gibt und ich Kaffee, Milch, Tomaten und Brot brauche. In einer Bar neben der Kirche trinke ich einen Cortado und unterhalte mich mit den Männern am Nachbartisch über Karl. Überhaupt ist Karl so eine Art Publikumsmagnet. Ich komme unglaublich oft mit Menschen ins Gespräch durch ihn. Viele Leute streicheln ihn oder sprechen ihn an und die meisten bewundern seine Ruhe – »es tranquiilo« – höre ich permanent über ihn. Ja, das ist er und hier im Norden ist es auch »tranquilo«. Einfach fantastisch zum Runterfahren.

Meine Nacht ist sehr unruhig, da ich den Kampf gegen eine Armada an Mücken im Bulli verliere. Am nächsten Morgen beschließe ich noch vor dem ersten Kaffee, nach Andalusien zu fahren. Tschüss, du schöner Norden. Ich komme wieder!!